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HART AN SPRACHGRENZEN

in Zuritipp 14 fev. 2008


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Die Radio-Crew, leicht angesäuert darüber, dass ein dunkelhäutiger Starschauspieler den Othello sprechen darf.


Theater im Zeitalter der Globalisierung: Am Neumarkt ist dies nicht nur Thema, sondern auch Teil des Arbeitsalltags. Ein Probenbesuch in «radiOthello» von Alvaro García de Zúñiga.

Von Rea Brändle


Mitten im Theaterraum befindet sich ein Radiostudio hinter Plastikvorhängen, die Vorbereitungen für die Aufnahmen von Shakespeares «Othello» laufen auf Hochtouren. Die Soundmaker pröbeln mit Geräuschen, ein Tonspezialist testet die Mikrofone mit einem Allrounder, der mit professioneller Routine die Anklage von Desdemonas Vater markiert. Die andern Schauspieler warten draussen, frotzelnd über den berühmten Hauptdarsteller, der zu den Aufnahmen eingeflogen wird. Dass die Rolle des Othello im Radio mit einem dunkelhäutigen Schauspieler besetzt wird - zumal einem, der kein Wort Deutsch versteht -, das will ihnen nicht einleuchten. Nur die jüngste im Ensemble - sie wird im Hörspiel die Rolle der Bianca spielen - hat ihre Chance im neuen Zeitalter begriffen: Sie wird die philosophischen Selbstgespräche des Starkollegen brav wie eine Stewardess ins Deutsche übersetzen; die beiden wirken wie ein Liebespaar.


Im Lauf der Radioaufnahmen kommt es immer wieder zu Wartereien. Manchmal wird dabei über das Stück geredet, manchmal bloss ein bisschen wichtig getan. Der Jago-Darsteller ergeht sich am liebsten in Kalauern und Wortmalereien, spinnt dabei fast unbemerkt seine Intrigen, vor allem gegen die Besitzerin des Senders, eine toughe Geschäftsfrau, die zudem den Part von Shakespeares Emilia übernommen hat.


Neue Umgangssprache


Verfasst worden ist das Stück «radiOthello» von Alvaro García de Zúñiga. Er ist ausgebildeter Musiker, stammt aus Uruguay, lebt in Lissabon, schreibt französisch, mit Vorlieben für umgangssprachliche Sprachschöpfungen samt ihren zahlreichen Synonymen ebenso wie für hochgestochene Betrachtungen übers Fremdsein.


Nun inszeniert er seinen Text selber, in deutscher Übersetzung mit dem Ensemble vom Theater Neumarkt. Und dies mit allen Konsequenzen: Während der Probe sitzt er oft mit geschlossenen Augen da. Als Musiker kann er die fremde Sprache hörend erfassen, wortwörtlich verstehen tut er sie nicht. Wenn der Sprachrhythmus seinen Vorstellungen zuwiderläuft, interveniert er sehr sanft auf Französisch, behilft sich manchmal mit Englisch oder mit den Händen. Alle helfen ihm dabei, übersetzen, verdeutlichen, fragen nach, wirken ruhig, sehr konzentriert. Weil sie einander verstehen wollen und zusammen an einem Experiment arbeiten, das bis zu seiner Premiere noch manche (sprachliche) Hürde zu nehmen hat.

[ZT 13.02.2008]


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