radiOthello
Urauffürung
Wenn Shakespeare das Fremde thematisiert, indem er den Barbaren OTHELLO auf die weiße venezianische Gesellschaft treffen lässt, so ist bei dem in Lissabon lebenden Urugayer Zúñiga der französische (schwarze) DARSTELLER DES OTHELLO (William Nadylam: Peter Brooks „Hamlet“) ein feingeistiger Außenseiter, der das Scheitern von Verständigung analysiert, während die Mannschaft eines Schweizer Radiostudios sich selbst zerfleischt. Ist bei Shakespeare das Objekt der Begierde Desdemona, so ist es bei Zúñiga der Privatsender, der durch finanzielle Machenschaften in Gefahr gebracht wird.
Das Bühnenbild, eine aufblas- und betretbare Plastikblase, ist von Miguel Palma, dessen Kunst derzeit in New York, New Orleans, im Cleveland Museum of Arts und auf der Echigo-Tsumari Art Triennale in Japan zu sehen ist.
Es ist ein erstaunlicher Abend geworden, musikalisch vielschichtig, sprachlich mehrgleisig, simultan verspielt, und – ja, auch das! - inhaltlich anspruchsvoll.
Alvaro ist etwas gelungen, was wenigen Regisseuren am Theater am Neumarkt in diesem Ausmaß gelang, nämlich das gesamte Ensemble wirklich zu entzünden und in ein lustvolles und konfliktfreudiges Zusammenspiel zu führen, in dem auch die hauseigene Tontechnikerin eine maßgebliche Rolle hat.
Mein Freund Matthias Breitenbach meinte: Theater aus dem Geiste eines Jean-Luc Godard.
Vielleicht ist letzteres der Grund, weshalb die Direktion noch vor der Premiere die Vorstellungsanzahl von 19 auf 12 Aufführungen reduziert, in der unbegreiflichen Sorge, das Züricher Publikum durch ein ästhetisch komplexes Werk zu überfordern. Was soll man darauf andres erwidern, als hinzugehen!
in the Program of the Neumarkt's