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Zürcher Unterländer, Freitag 22. Februar 2008


Schräges kakofonisches Potpourri

Verständigungsschwierigkeiten, differierende Sprach- und Kulturcodes: Alvaro Garcia de Zuniga hat «radiOthello» geschrieben und im Theater am Neumarkt inszeniert. Premiere war am Mittwoch.

Von Roland Maurer


Em Radiosender ist kurz vor dem Aus. Zu gross die Konkurrenz, das Budget ausser Kontrolle. Dazu eine Chefin, die den Laden mit einer «Superidee», wie sie es nennt, sanieren will: Shakespeares «Othello» als Hörspiel produzieren, und zwar mit einem Farbigen als Othello. Diesen Einfall finden die Radioleute ziemlich daneben. Besonders Jago, der den Othello selber hätte spielen wollen. Warum braucht es ausgerechnet im Radio einen teuer eingeflogenen Farbigen? So fragt er und auch die andern sich. Er intrigiert gegen die Chefin und plappert drauflos von Vorgang, Prozess, Prozedur, Produktion, provinziell und unprofessionell. Doch der fremde Star ist bereits im Anflug, philosophiert schon im Flugzeug und später auch am Boden, in französischer Sprache. Dabei paraphrasiert eine ihm sehr gewogene Stewardess dessen hohe Gedanken über Ethik und Ästhetik auf Deutsch: «Jede philosophische Frage führt ins Unsichere», ist so eine Weisheit, «das Ich ändert sich», eine andere.


Aus dem Radiostudio

Das Ensemble, die Radiotechniker und der Gast versuchen, sich zusammenzuraufen und diesen «Othello» zu kreieren. Das ist schon mal ein Sprachproblem: Da werden Hoch- und Zürideutsch, Französisch und Englisch durcheinandergemixt. Dazu gibts mannigfache Missverständnisse unter den Schauspielern über Rollen, Stück, Zustand des Radios, Börse, Konkurs, Konsumenten und die Welt im Allgemeinen. Gesendet und gespielt wird in der Mitte, über die ganze Länge des Theatersaals (Bühne Miguel Palma). Die eine Hälfte ist ein in einem Plastikballon untergebrachtes Radiostudio, die andere Bühnenfreifläche. Hier werden dem Publikum zwei Stunden lang allerlei mehrsprachige Wort- und Gedankenakrobatik, hinreissende Geräuschexperimente (René Schnoz), tiefschürfende Philosophien und Kabarettistisches geboten. Bilanz für Spieler und Publikum: «Scheisse übersteigt uns alle», so formuliert es ein Spieler.


Dreisprachiger Autor

Der 1958 in Montevideo (Uruguay) geborene Autor und Musiker Alvaro Garcia de Zuniga ist selber dreisprachig (Spanisch, Portugiesisch, Französisch). Aus seinen Erfahrungen im Umgang mit unterschiedlichen Sprachen und Kulturen ist denn auch «radiOthello» entstanden. Zusammen mit dem Ensemble hat er seinen Text als kakofones Potpourri zum Thema «Verständigung» auf die Bühne gebracht. Das ist im gedanklichen Ansatz sehr interessant, ist als Inszenierung aber entgleist. Fürs Publikum gibt es zwar oft etwas zu lachen oder zu denken. Und die von Ruth Schoelzel schräg kostümierten Schauspieler geben ebenfalls ihr Bestes.

Doch wirkt alles letztlich zu wenig stringent – da wären Kürzungen nötig gewesen, um dem Chaos Konturen zu geben. Die Produktion verzettelt sich in alle Himmelsrichtungen, hat neben erfreulichen auch zähe Phasen und gerät gelegentlich zum Selbstzweck. Der Applaus war dennoch freundlich.




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